Informationen
OT:The Cottage
ca. 88 Minuten
GB 2008
- Paul Andrew Williams
- Reece Shearsmith
- Andy Serkis
- Jennifer Ellison
- Steve O’Donnell
- u.a.
Story
Die allgemeine Situation sieht für die beiden ungleichen Brüder David (Andy Serkis) und Peter (Reece Shearsmith) nicht gerade rosig aus. Nach dem Tod der Mutter erben die Beiden gemeinsam deren Haus, was Peter allerdings ganz und gar nicht in den Kram passt. Er möchte das Haus für sich, seine Frau und seine Kinder alleine haben, doch David ist nicht davon zu überzeugen, von seinen Erbansprüchen abzusehen. Da macht er seinem Bruder allerdings einen Vorschlag: Wenn dieser ihm bei einer Entführung behilflich ist, die eine große Menge Bares in Aussicht stellen würde, wäre er bereit, Peter das Haus zu überlassen. Dieser ist gar nicht davon angetan, in illegale Machenschaften verstrickt zu werden, sagt dann aber doch zögernd zu. Zuerst scheint es auch so, als würde David’s Plan voll aufgehen. Die beiden entführen Tracey (Jennifer Ellison), die Tochter eines einflussreichen Geschäftsmannes und bringen sie zu einer abgelegenen Waldhütte. Dort soll dann Andrew (Steve O’Donnell), Traceys Stiefbruder, erscheinen, der in die Sache eingeweiht ist und ebenfalls dick abkassieren möchte. Schnell muss David jedoch feststellen, dass er von Idioten umgeben scheint und die Sache immer mehr aus dem Ruder läuft. Zuerst taucht Andrew mit einer Aktentasche voller Papier auf, dann lässt sich sein verweichlichter Bruder Peter auch noch von der zickigen Geisel überwältigen und wird seinerseits von ihr entführt. Dabei haben alle Beteiligten keine Ahnung, dass in den Wäldern außerhalb der Hütte ein schrecklich entstellter Farmer auf sie lauert, der ihnen schon sehr bald Probleme ganz anderer Natur bescheren wird…
Kritik
Betrachtet man die derzeitige Entwicklung des Horrorfilms, sticht schnell ein eindeutiger Trend heraus. Den deutschen Schnittauflagen und Indizierungseskapaden zum Trotz verkaufen sich hierzulande, genau so wie anderswo, neuerdings die blutrünstigsten Genre-Vertreter am Besten. Mit den französischen Werken "Inside" und "Frontier(s)" stehen bereits zwei neue Kandidaten in den Startlöchern, bei denen man annehmen darf, dass sie deutschlandweit kein leichtes Schicksal haben werden, wo schon der im Vergleich harmlosere "Hostel 2" kürzlich endgültig beschlagnahmt wurde. Neben dieser eindeutigen Strömung an schonungsloser Gewalt-Exploitation ist es aber noch eine andere Gattung des Horrorfilms, die langsam aber sicher immer mehr Anhänger findet und sich immer größerer Beliebtheit erfreut: Die (vorzugsweise britische) Horrorkomödie. Nach Erfolgen wie "Shaun of the Dead" und "Severance" schwappt nun eine weitere schwarze Horror-Persiflage aus Großbritannien zu uns herüber, die für viele Fans des Genres sicherlich eine willkommene Abwechslung zu den langsam aber sicher eintönig werdenden Folter-Flicks bieten wird. Dabei stellt sich natürlich schnell die Frage, ob und inwiefern hierbei noch mit Innovation zu rechnen ist, nachdem die beiden eben genannten Genre-Kollegen bereits das Meiste richtig machten und die Messlatte für ähnliche Streifen hoch anlegten. Sicherlich wird "The Cottage", so der Titel des Films, nicht um unzählige Vergleiche herumkommen, trotzdem und das ist das Erfreuliche, hat er es nicht nötig diese zu scheuen. Es kann darüber gestritten werden, ob der Film nun wirklich ganz die Klasse von "Shaun of the Dead" oder "Severance" erreicht, aber ein unterhaltsamer Filmabend unter Horror-begeisterten Kollegen ist mit diesem Streifen sicher. Storytechnisch geht "The Cottage" über weite Strecken eigene Wege und entwickelt sich erst in der zweiten Hälfte zur offensichtlichen Abrechnung mit den altbekannten Horror-Klischees. In den ersten 40 Minuten hingegen hat das Werk mit dem Genre kaum etwas zu tun, sondern präsentiert dem Zuschauer eine gut aufgelegte, von vielen spritzigen Dialogen lebende Gangsterkomödie. Andy Serkis und Reece Shearsmith spielen vortrefflich die äußerst unterschiedlichen Brüder, die zusammen eine Entführung auf die Beine zu stellen versuchen. Dabei wird Serkis‘ Charakter David von seinen Mitkomplizen, die an Unvermögen und Schusseligkeit kaum zu überbieten sind, immer wieder an den Rand des Wahnsinns getrieben. Fast schon kann einem der Kleinkriminelle etwas Leid tun, wenn sein gut durchdachter Plan daran scheitert, dass sich sein trotteliger und weinerlicher Bruder von der Geisel kidnappen lässt. Es ist vor allem diese erste Hälfte des Films, welche frei von Horrorfilm-Attributen ist, die dem Publikum beste Unterhaltung bieten kann. David’s langsames Verzweifeln angesichts der katastrophal schief laufenden Situation, Peters beinahe-Gehorsam gegenüber der herrischen (und großbrüstigen) Geisel und zudem der fette und in jeder Hinsicht nichtsnutzige Andrew, all das sorgt für reichlich Lacher und lässt einen stellenweise direkt vergessen, dass es sich hierbei eigentlich um einen Horrorfilm handelt. Dies wird dann aber in der zweiten Hälfte um so offensichtlicher verdeutlicht, als der Film quasi plötzlich einen Umsprung macht, nachdem Peter von seiner eigenen Geisel Tracey gekidnappt wurde und die beide auf der Farm eines entstellten Hillbillys landen, der dort seine Zeit vorzugsweise damit verbringt, seine Sammlung abgeschlagener Köpfe zu erweitern. So wird aus dem bis dato humorvollen Film plötzlich ein durchaus harter Kampf ums Überleben, bei dem der Spaßfakter zwar etwas zurückgeschraubt, letztendlich aber nie ganz vergessen wird. Regisseur Paul Andrew Williams, der zuvor schon mit "London to Brighton" auf sich aufmerksam machte, gelingt eine im Grunde perfekte Mischung aus spannendem Survival-Horrorthriller und schwarzer Komödie. Beide Genres wechseln einander derart geschickt ab, dass keines der Beiden zu kurz kommt oder gar unglaubwürdig zu werden droht. Ein weiterer Vorteil der vergleichsweise untypischen ersten Filmhälfte ist der, dass der Zuschauer mittlerweile schon eine gewisse Sympathie zu den irgendwie liebenswerten Brüdern aufbauen konnte, die nun auf der Farm eines geisteskranken Rednecks um ihr Überleben kämpfen müssen. In der zweiten Hälfte lebt "The Cottage" dabei in erster Linie von einem konstanten Spannungsbogen, der das Ganze niemals langweilig werden lässt und immer wieder mal in kurzen aber effektiven Gewaltsequenzen gipfelt. Für Splatterfans ist das Dargebotene dabei zwar zu wenig, gut bei Laune gehalten wird man dank eines in der Hälfte geteilten Kopfes à la "Wrong Turn" und einigen weiteren, fiesen Einfällen dennoch. Dennoch verlässt sich das Werk erfreulicherweise nicht auf Unmengen von Blut, sondern stellt die beiden charismatischen Hauptfiguren und die bizarre, spannende Situation in den Vordergrund, die immer mal wieder von kleinen Gags aufgelockert wird. Ohne glaubhafte Schauspieler würde das Ganze in dieser Form natürlich nicht funktionieren und diese hat man glücklicherweise genau richtig besetzt. Allen voran ist dabei Andy Serkis zu nennen, der durch seine Rollen in Peter Jackson’s Epen "King Kong" und der "Herr der Ringe" Trilogie auch einem größeren Publikum bekannt wurde. Hier schlüpft er in die Rolle eines Kleinkriminellen, der durch die absolute Unfähigkeit seiner Komplizen stets kurz davor steht, die Fassung zu verlieren und sich dadurch ein ums andere Mal herrlich aufregen darf. Serkis‘ tolles Schauspiel bereichert den Film enorm. Selbiges lässt sich zu Reece Shearsmith, bekannt durch die britische Kult-Serie "League of Gentlemen", sagen. Er verkörpert das typische Weichei, das zuhause unter den Fittichen seiner korpulenten Frau steht und nun von der Entführung absolut überfordert scheint. Er und Serkis harmonieren perfekt miteinander und spielen den restlichen Cast komplett an die Wand, wobei es unangebracht wäre, Jennifer Ellison, welche die Geisel gibt, lediglich auf ihr Äußeres zu reduzieren. Auch sie bringt das gewisse Etwas in ihrer Rolle mit, Ausfälle gibt es hier ohnehin keine zu beklagen. In einer kleinen Rolle übrigens noch zu sehen: Doug "Pinhead" Bradley.
Ganz in der Tradition von "Shaun of the Dead" und "Severance" bietet Paul Andrew Williams‘ "The Cottage" amüsante Horror-Unterhaltung auf beeindruckender Ebene. Hier steht die eigentliche Story noch über irgendwelchen Schauwerten und so ist es eine stete Freude, den allesamt sympathisch-chaotischen Hauptfiguren bei ihrem wirren Treiben zu folgen und sie immer wieder ins nächste Fettnäpfchen tappen zu sehen. Für reine Gorehounds ist das Ganze natürlich denkbar ungeeignet, denn der Blutfaktor wird dabei vergleichsweise gering gehalten, auch wenn man auf vereinzelte, blutige Sauereien natürlich nicht verzichten muss. Letztendlich werden aber vor allem die ihre Freude an dem Film haben, die auch mal herzhaft über das Genre lachen können und an die geht an dieser Stelle auch eine Empfehlung. "The Cottage" wird wohl nicht lange im Gedächtnis bleiben, aber für einen spaßigen Filmabend ist er absolut zu empfehlen.
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