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Story
In Vertretung für einen kranken Kollegen soll der japanische Handelsvertreter Wada (Masahiro Motoki) im Auftrag seiner Firma eine Reise nach China antreten, um dort in einem kleinen Dorf nach einem Jadevorkommen zu suchen. Natürlich schlägt er diese Chance nicht aus und begibt sich nach China. Dort trifft er auf den Fremdenführer Shen (Mako), der sich sofort bereit erklärt, ihn zu der entlegenen Provinz zu bringen. Kurz darauf macht Wada noch die unerfreuliche Bekanntschaft mit dem übellaunigen Yakuza Ujiie (Renji Ishibashi), der den jungen Geschäftsmann schon seit geraumer Zeit verfolgt. Wada’s Firma hatte sich von der Mafia einst Geld geliehen und dies noch nicht zurückbezahlt, nun soll der brutale Ujiie dafür sorgen, dass Wada einen Teil seines eventuellen Fundes abgibt.
Da der schüchterne Wada den tatkräftigen Argumentationen des Yakuza’s nicht viel entgegenzusetzen hat, wird er fortan von diesem begleitet. Den drei Männern steht noch eine haarsträubende Reise durch eine chinesische Berglandschaft bevor, bis sie das angesteuerte Dorf endlich erreichen. Anfangs noch von ihrem jeweiligen Auftrag getrieben, gerät die Gier nach Geld und Jade schnell in den Hintergrund, existiert in der Provinz doch eine alte Legende von fliegenden Menschen. Der Großvater der hübschen Yan Si-chang (Li Li Wang) soll einst frei wie ein Vogel vom Himmel geflogen sein, weshalb sie nun eine Schule errichtet hat, in der sie Kindern das Fliegen beibringt. Auch wenn es keinen Beweis dafür gibt, dass den Menschen des Dorfes jemals das Fliegen geglückt ist, können sich Wada und Ujiie der Faszination des kleinen Dorfes nicht mehr entziehen…
Kritik
Mit dem Namen Takashi Miike würde man in den ersten Momenten sicherlich keinen Film wie "The Bird People in China" in Verbindung bringen, sind es doch in erster Linie blut- und gewaltgetränkten Streifen á la "Ichi the Killer" und "Fudoh: The New Generation", durch die der Japaner internationale Aufmerksamkeit erlangen konnte. Auch ist der Gute für seine Tabubrüche bekannt, wie sie beispielsweise in "Visitor Q" zuhauf beheimatet sind. Cineasten und Filmfans werden im beinahe 70 Streifen umfassenden Reportaire des ambitionierten und unermüdlichen Filmemachers jedoch noch weit mehr als kontroverse Schocker finden, so gibt es kaum ein Genre, an das sich Miike noch nicht herangetraut hat. In Kürze soll von ihm sogar eine japanische Neuauflage von "Django" erscheinen, was wieder mal beweist, dass der Mann einfach kein Fach auslässt. Bei "The Bird People in China" wagte er sich 1998 an ein fantasyreiches Abenteuerdrama heran, das für viele seiner Fans als eines von Miike’s besten Werken gilt, von dem ich mir jedoch mehr erhoffte.
Grob gesagt besteht der Film aus zwei gleichsam dominierenden Passagen, die beide mit Sicherheit ihre Daseinsberechtigung haben. In der ersten Phase lernen wir die Hauptakteure kennen und begleiten sie auf ihrem strapaziösen Weg in das abgeschiedene Dorf. Wada ist ein sympathischer und ruhiger Handelsvertreter, den die Umstände in diese Situation verschlagen haben, Ujiie hingegen ist ein gestresster, ständig angespannter und aggressiver Yakuza, der Wada schnell klarmacht, wer fortan das Sagen hat. Gemeinsam mit dem etwas schusseligen Shen bestreiten die beiden den zermürbenden Weg in die ferne Provinz, lernen sich dabei auch besser kennen und geraten nicht selten grob aneinander. Schon hier lässt sich zweifelsfrei feststellen, dass man "The Bird People in China" in kein spezifisches Genre stecken kann. Der Streifen wartet mit durchaus lustigen Szenen auf, etwa wenn den Männern bei einer Autofahrt das halbe Auto auseinander fällt, bietet aber auch einen ordentlichen Abenteuercharakter.
Während die erste Hälfte (zumindest nach einer kleinen öden Durststrecke am Anfang) durchaus abwechslungsreich und nur schwer definierbar erscheint, begibt sich Takashi Miike in der zweiten Hälfte vollkommen ins Reich der Phantasie und Poesie. Den beiden Männern begegnet eine ihnen vollkommen neue Freiheit. Fernab der Zivilisation entdecken sie ihre Faszination für das schöne Dorf und den Geschichten, die sich um fliegende Menschen ranken. Hier beginnt "The Bird People in China" dann auch, langsamere Töne anzuschlagen. Miike arbeitet insbesondere mit einer eindrucksvollen Bildersprache, die ihresgleichen sucht. Die kraftvollen Naturaufnahmen sind wunderschön und überragend, die unberührte Natur spricht in den meisten Szenen für sich selbst und ist einfach nur toll anzusehen.
Wer bei "The Bird People in China" auf einen unterhaltsamen Abenteuerfilm hofft, der dürfte enttäuscht werden, denn es sind gerade die ruhigen Momente, die dieses Werk hervorheben. Mit 118 Minuten ist Miike jedoch etwas über das Ziel hinausgeschossen, da sich in einigen Momenten eine klare Langatmigkeit breit macht. "The Bird People in China" ist keiner von den anspruchslosen Filmen, die man sich mal so nebenbei ansieht, deshalb muss man die gesamte Spieldauer über schon interessiert am Ball bleiben, was jedoch nichts daran ändert, dass sich ab und an gewisse Längen bemerkbar machen.
Was den Film aber doch besonders macht und auch dafür sorgt, dass ihn jeder Zuschauer anders auffassen wird, ist seine kreative Verarbeitung verschiedenster Elemente. Hier wird einem sowohl etwas fürs Auge, wie auch fürs Herz geboten, da noch eine unaufdringliche Liebesgeschichte in die Handlung eingeflochten wurde, die perfekt zum ruhigen Gesamtton passt. Seine größten Stärken spielt "The Bird People in China" aber langsam und bedacht aus, dazu zählt auch der berührende Schlussmonolog Wada’s, der wohl keinen ungerührt lässt. Dem einen oder anderen dürfte das Geschehen mitunter vielleicht eine Spur zu kitschig werden, doch die emotionale Seite passt sehr gut in den Gesamtkontext von Freiheit und Selbstfindung, in das Bild eines meditativen, mystischen Märchens. Der Score sorgt dabei des weiteren zusammen mit den Kamerafahrten über die saftigen, grünen Felder und die weiten Berglandschaften für einige unvergessliche Momente, die Schauspieler agieren in ihren Rollen glaubhaft und wirken passend. Renji Ishibashi, der Ujiie spielt, sollte dabei vielen Asia-Fans ein Begriff sein, war er doch schon in über 90 Streifen zu sehen Für viele Miike-Fans zählt "The Bird People in China" zu seinen besten Arbeiten. Der Film weiß auch tatsächlich zu überzeugen, wartet aber mit einigen langatmigen Szenen auf, die den Gesamteindruck doch deutlich schmälern. Im Gesamtkontext bleibt aber ein hübsches und verspieltes Fantasymärchen, das Elemente verschiedenster Genres zu einem berührenden Ganzen verbindet. Kein Film, den man unbedingt gesehen haben muss, aber Freunde des japanischen Films sollten sich "The Bird People in China" nicht entgehen lassen.
DVD
Dieser doch eher unbekannte Film wurde letztes Jahr von Splendid / AFN auf DVD veröffentlicht. Leider muss man allerdings sagen, dass die Scheibe überaus unspektakulär daherkommt und man in so manchen Bereichen auch klare Abstriche machen muss. Die Bildqualität des Hauptfilms ist störfrei, wirkt aber stellenweise etwas unscharf und verschwommen, der 2.0-Sound hingegen, der in japanischer Originalsprache und deutscher Synchronisation vorliegt, kann dafür überzeugen. Etwas schwach ist die Tatsache, dass es keinerlei Bonusmaterial auf den Silberling geschafft hat.
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