Story & Kritik
Stephan Harbort hat im August 2009 sein neues Werk rausgebracht. Der Kriminalhauptkommissar aus Düsseldorf, der zuvor bereits acht Bücher zum Thema Serienmord geschrieben hat, nähert sich seinem Forschungsthema diesmal auf eine neue, so noch nicht gesehene Art. Im September 2008 kam sein Buch „Wenn Frauen morden“ raus, worin er über Frauen als Täter berichtet. Nun schildert der Autor aus dem Leben der Gattinnen eines Serientäter. Zumindest in der Hauptsache. Harbort berichtet auch was andere Mitglieder der beschädigten Familien erlebt haben und wohl immer noch erleben. Die mörderischen Verbrechen der Täter stehen bei der Betrachtung oft im Vordergrund, die Geschichte muss ja ein Gesicht bekommen. Es wird aber auch viel auf das Drumherum eingegangen. Das Drumherum in weiblicher Form. Die verschiedenen Texte sind aufgrund des Schreibstils von Stephan Harbort flüssig zu lesen. An eine Unterbrechung ist meist nicht zu denken, da man zwangsläufig in spannende, fesselnde und auch erschreckende Geschichten gezogen wird. Die Wiedergabe des Autoren ist aber nicht aufgeblasen, er versucht nicht künstlich Spannung zu erzeugen. Die Spannung schreibt das Leben.
Das Buch ist in sechs Kapitel unterteil. Jedes befasst sich mit einer anderen Tat und anderen Opfern. Zwei Kapitel schließen mit einer kurzen Betrachtung eines weiteren Falles ab. Es gibt Schilderungen von wenig bekannten und sehr bekannten deutschen Serienmördern. Einer dieser unbekannteren und abschließenden Fälle ist besonders interessant. Hier erfährt man, wie eine Angehörige durch ein Buch von Stephan Harbort herausfindet, dass ein Verwandter von ihr wegen Serienmordes im Gefängnis sitzt. Man kann ihre Gefühle nachempfinden. Ihren Zorn, die Enttäuschung, die Frustration.
Das man so mitleben kann, liegt nicht zuletzt an der Zusammensetzung des Textes. Es gibt die kühle Schilderung des Falls und die dadurch erstandenen Emotionen. Diese werden nicht selten als Protokolle oder Interviews dargeboten. Interviews, die Stephan Harbort mit den Angehörigen selbst geführt hat. Hier können sich die Betroffenen einem Experten öffnen, ohne befürchten zu müssen, dass ihr Wiedergegebenes von Käseblättern verunglimpft wird. Denn für sinnfreie Übertreibungen ist in „Ich liebte eine Bestie“ kein Platz.
Dadurch kommt nicht mal im Ansatz Langeweile auf. Die 300 Seiten lesen sich fast von selbst. Man kann mit den Angehörigen mitfühlen und nur erahnen, was sie durchmachen müssen. Zudem sind die Einzelfälle sehr facettenreich. Es geht von Mittäterschaft bis zur puren Unterdrückung. Man erfährt, was Frauen bereit sind aufzugeben, respektive bereit sind zu verdrängen, um eine Beziehung zu retten. Wie kaputt diese auch sein mag. Nur, um nicht allein zu sein. Für diejenigen, die sich für das Thema Serienmord interessieren, sind die Werke von Stephan Harbort eh Pflichtlektüren. Diese kann da nicht ausgeschlossen werden. „Ich liebte eine Bestie“ ist absolut authentisch, regt zum Nachdenken an und ist von der Bewertung her ganz oben anzusiedeln. Die Bestnote bleibt diesem Werk nur verwehrt, da Harborts „Ich musste sie kaputt machen“, wo es um den Serienmörder Joachim Kroll geht, noch schockierender, noch ergreifender war und viel mehr Gänsehautstimmung erzeugt hat. Ansonsten kann dem Autor in seinem Fachbereich niemand das Wasser reichen. Nicht im Ansatz.
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