Informationen
OT:Il Boss
ca.85 Minuten
Italien 1973
- Fernando Di Leo
- Henry Silva
- Richard Conte
- Gianni Garko
- Antonia Santilli
- u.a.
Story
Es brodelt gewaltig in Palermo. Ein heftiger Machtkampf zwischen einflussreichen Mafiagrößen ist entbrannt. Mittendrin: Lanzetta, ein Auftragskiller und rechte Hand von Don Corrasco. Scheinbar loyal erledigt er seine Aufträge. Insgeheim verfolgt er jedoch eigene Interessen. Er strebt die Nachfolge von Carrasco an. Doch auch der Don führt ein Doppelspiel. Bald steht Lanzetta allein zwischen allen Fronten…
Kritik
Durch die Blume gefickt…
Wenn Henry Silva in einem Italo-Film aus den 70er Jahren mit einem Köfferchen durch die dunklen Flure eines Hauses streicht, ist in ca. 99 % der Fälle davon ausgehen, dass der werte Herr mit einem der markantesten Gesichter der Filmwelt nichts Gutes im Schilde führt.
Glücklicher Weise ist der Beginn von "Der Teufel führt Regie" so ein Fall. Besagter Herr Silva, abgebrüht wie wir ihn kennen und lieben, hat nämlich nichts besseres zu tun, als mit dem Inhalt des Köfferchens, einem Multifunktionsgewehr mit effektiver Knallfroschmunition, ein Porno-Kino samt Klientel in Schutt und Asche zu zerlegen. Ein Feminist mit durchschlagenden Argumenten? – Mitnichten!! (mal abgesehen von den "durchschlagenden Argumenten"…). Das Pornokino ist nämlich nicht so ein x-beliebiges Bahnhofsviertel-Programmkino, wie man sie noch vor einiger Zeit in Großstädten regelmäßiger antreffen konnte, als einen funktionierenden Fahrkartenschalter. In diesem Pornokino wird Sünde noch großgeschrieben!! Hier hat nämlich die Mafia ihre Hoden äh… Hände im Spiel. Da will das illustre Publikum von der Leinwand mit skandinavischen Schlampen verwöhnt werden, die auch "ohne Netz im Zirkus auftreten könnten". Und zwar sofort!!
So verwundert es also kaum, dass der gestresste Filmvorführer mit 25-Dioptrin-Glasbausteinbrille und mehr braun als weißem Feinripp-Unterhemd auch mal auf seine Frage, ob er denn nicht noch wenigstens Zeit für einen Kaffee habe, die nette und ebenso aussagekräftige Antwort: "Arsch!" bekommt. Knapp, präzise und prinzipiell alles sagend!!
Nachdem Henry auf seine Art "Por- NO" gesagt hat, setzt dann die Musik ein. Rockige E-Gitarren, jäh unterbrochen von etwas wirrem jazzigen Klaviergeklimper. Sehr strange… Leicht gewöhnungsbedürftig zunächst. Doch der Soundtrack schwenkt alsbald um in sehr schönen typischen Italosound. Komponiert wurde das ganze übrigens von Luis Enríquez Bacalov, der ja u.a. auch die Di Leo Filme "Auge um Auge" (La Città sconvolta: caccia spietata ai rapitori, Italien, 1975) oder "Milano Kaliber 9" (Milano Calibro 9, Italien, 1971) musikalisch verzierte. Quentin Tarantino bekundete letztlich noch seine Verehrung für Bacalov, indem er ihn darum bat, den Score für seinen "Kill Bill"- Zweiteiler (USA, 2003 / 2004) zu komponieren.
Zurück zum Film. Henry, als Auftragsmörder Lanzetta, kann seinem Big Boss per Telefon die freudige Nachricht seines Kinobesuchs übermitteln. Wie es sich für einen Mafiafilm gehört, erfolgt dieses selbstverständlich verschlüsselt, ja im wahrsten Sinne des Wortes durch die Blume gesagt: "Blumen abgeliefert. Der Strauß hatte 10 Blumen". Als nächstes präsentiert man uns nun eine Leichenhalle in einem Hospital. Dort sind gerade die Leichen bzw. deren zer-SILVA-ten Überreste für Presse, Polizei und Angehörige aufgebart. Dabei lernt man einiges über italienische Trauergepflogenheiten kennen. Kommissar Torri tritt herein. DAS muss also jetzt der Held der Geschichte sein. So einfühlsam, wie er Presseleute und Angehörige aus dem Saal scheucht. "Ich kann Dein Gejammer nicht mehr hören. Verschwendete Tränen!", ist sein treffender Kommentar zum Bruder eines Ermordeten, der gerade irgendetwas von "Gedärmen" und "Rache" faselt.
Hmm… Irgendwie entpuppt sich der Kommissario allerdings im Laufe der Zeit doch eher als korrupter Speichellecker, auch das durch theatralische Gestik etwas an Pantomime erinnernde Mimenspiel von Darsteller Gianni Garko lassen den Verdacht aufkommen, dass Kommissario Torri dann doch nicht wirklich die Identifikationsfigur des Films sein dürfte.
Aber wer denn dann? Henry Silva, als Lanzetta natürlich!! Loyal, pflichtbewusst, adrett gekleidet. Okay, der Vorfall mit dem Pornokino. Schwamm drüber, waren sicherlich viel bösere Leute da drinnen. Außerdem entpuppt sich Lanzetta ja nun im weiteren Verlauf des Films als wahrer "Gentleman", schließlich darf er die Tochter seines Paten aus den Klauen ihrer Entführer befreien. Rina Daniello heißt die junge Dame.
Ihr Name stammt offensichtlich aus dem Nymphomanischen und bedeutet ungefähr soviel wie: "Wenn Du schon nichts zu rauchen hast, dann fick mich wenigsten!". Sie vertreibt sich dann auch ihre langweilige Geiselhaft mit "Pimpern und Besoffensein" und lässt sich erst mal auf einen Gangbang mit ihren Entführern ein. Kaum von Silva befreit (der Strauß hatte vier Blumen…) und in seine Wohnung verfrachtet, beginnt die Lady dann auch gleich, sich in Silvas Bett vor einer Pinwand mit Fotos barbusiger Schönheiten die Bettdecke vom Leib zu sleazen. Unser tapferer Mafioso versucht ihr zunächst noch zu widerstehen, schmeißt Ihr allerlei schmutzige Wörter und schließlich auch die flache Hand an den Kopf. Letztendlich gibt er ihrem Gebalze dann aber doch nach, schließlich ist er ja ein "richtiger Mörder", der der tugendlosen Dame noch auf ihrer "Liste" fehlt. Die Szenen mit Antonia Santilli, die den Nymphensittich Rina spielt, sind einfach unglaublich!! Ein derart vulgäres, versoffenes und sexgieriges Entführungsopfer dürfte wohl bis dato einmalig in der Filmgeschichte sein.
Lanzetta ist zwar als Killer eigentlich ein Bösewicht, dennoch stellt er den tragischen Helden der Geschichte dar. IHM, der sich urplötzlich im Fadenkreuz aller Parteien, Mafiaclans wie Polizei wiederfindet drückt man die Daumen. Denn Lanzetta ist nicht nur äußerst cool, sondern auch noch ausgesprochen clever. Geschickt spielt er seine Gegner gegeneinander aus, erahnt ihre Schachzüge, schaltet sie aus.
Immer wenn "Florist" Lanzetta seine Sträuße herrichtet, ist anschließend ein Besuch bei Salvatore fällig. Salvatore ist nämlich ein aufgeweckter Bursche mit einem Ofen und einer Latzhose. In Zeiten teurer Energieträger (man bedenke den Zeitpunkt der Entstehung des Films: Stichwort Ölkrise!!) hat er keine Probleme mit steigenden Heizkosten: Er verfeuert die Opfer von Lanzetta. Ob tot oder lebendig ist dabei für den Brennwert unerheblich.
Und eines sei gesagt: Salvatore hat im Laufe der Handlung die Bude stets warm…
Entgegen dem Titel führte hier nicht der Ziegenfuß aus dem Fegefeuer die Regie, sondern niemand geringeres als Fernando Di Leo, der die Filmwelt mit Beiträgen wie "Der Mafia-Boss" (La Mala Ordina, Italien, BRD, 1972) oder dem sleazigen "Triebmörder" (La Bestia uccide a sangue freddo, Italien, 1971) verschönerte. Nachdem ihn schon zu Lebzeiten die Filmwelt aufgrund seiner Werke verehrte, dürfte ihm nach seinem Tod 2003 nun sowohl Himmel als auch Hölle zu Füßen liegen.
Das deutsche Tape von Sunset Video ist leider in einigen Handlungsszenen gekürzt.
Fazit: Fernando Di Leo’s Meisterwerk des Mafiafilms. Hart, sleazy und gemein. Henry Silva putzt sie ALLE weg!!
Ähnlicher Film:
- einfach mal die Filmographie von Fernando Di Leo durcharbeiten…
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