Informationen
Darsteller |
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Regie | Willy Pareto (Riccardo Freda) |
FSK | keine |
Drehland |
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Jahr | 1971 |
Filmlänge | ca. 92 Minuten |
Originaltitel | L’Iguana dalla lingua di fuoco |
Story
In Dublin geht das Grauen um:
Mit Rasiermesser und ätzender Säure meuchelt ein Killer, der sein Gesicht hinter einer Sonnenbrille versteckt, adlige Personen im Umfeld des schweizerischen Botschafters Sobiesky. Da sich der Botschafter mit Verweis auf seine diplomatische Immunität weigert, der Polizei bei ihren Ermittlungen zu helfen, wird der ehemalige Inspektor Norton auf den Fall angesetzt.
Norton, als alleinerziehender Vater in einem Haushalt zusammen mit seiner Mutter und seiner Tochter lebend, wurde seinerzeit wegen seiner teilweise brutalen Ermittlungsmethoden, u.a. trieb er einen Verdächtigen durch seine gewalttätigen Übergriffe während eines Verhörs zum Selbstmord, vom Dienst suspendiert. Da er im Laufe der Ermittlungen die Stieftochter des Botschafters kennen lernt und sich zu ihr hingezogen fühlt, wird auch er bald zur Zielscheibe des Killers.
Um den Kommissar an seiner empfindlichsten Stelle zu treffen, hat sich der Mörder neue Opfer auserkoren: Nortons schutzlose Angehörige daheim…
Kritik
Kippst Du auf die Frauen Säure, dann passiert das Ungeheure 😉 Bräuchte Italien eine neue Nationalflagge, ihre Farbe müsste wohl gelb sein!! Gelb nicht etwa in Anlehnung an die einheimische Zitrusfrucht, sondern als Assoziation zu DER typischen kulturellen Erscheinung dieses Landes schlechthin. Die Rede ist vom sogenannten „Giallo“ (zu deutsch: gelb). Gialli (so der Plural) waren kleine Kriminalromanheftchen mit typischem, eben namengebenden, gelben Einband. Diese kleinen Meisterwerke der Trivialliteratur (von Kritikern auch oftmals abwertend zu Unrecht als „Schundlektüre“ bezeichnet) erfreuten sich so großer Beliebtheit, dass filmische Umsetzungen dieser Hefte v.a. in den 60er und 70er Jahren nicht lange auf sich warten ließen. Ein neues (vorwiegend italienisches) Filmgenre ward geboren: Der Giallo!!! Um einen lupenreinen Vertreter dieses Genres handelt es sich bei „L’Iguana dalla lingua di fuoco“!! Für Regisseur Riccardo Freda, 1909 geboren, war „L’Iguana dalla lingua di fuoco“ 1971 gewissermaßen der Endpunkt seiner eigentlichen Schaffensperiode als Regisseur, die sich hauptsächlich von den 40er Jahren bis in die späten 60er Jahre hinein erstreckte. Später wurde er dann nochmal rückfällig: 1980 drehte er den Mystery-Thriller „Delirium“ (L’Ossessione che uccide) mit (S)Exploitation-Queen Laura Gemser. Sogar im hohen Alter von 85 Jahren stand er noch seinen Mann und wirkte beim Sophie Marceau – Abenteuerfilm „D’Artagnan’s Tochter“ mit, wo er jedoch nach einiger Zeit ausschied, und seine Mitarbeit keine offizielle Würdigung fand. Im gesegneten Alter von 90 Jahren starb Riccardo Freda am 20. Dezember 1999. Riccardo Freda, der sich bei „L’Iguana dalla lingua di fuoco“ hinter dem Pseudonym Willy Pareto versteckt, hat für seinen Ausflug in das Giallo-Genre (eigentlich hatte er sich ja doch eher dem Monumental- und Sandalenfilm verschrieben) eine illustre Riege an Schauspielern um sich geschart: Neben Werner „Mosquito – Der Schänder“ Pochath agieren u.a. der deutsche Charakterschauspieler Anton Diffring („Sieben Tote in den Augen der Katze“ / „La Morte negli occhi del gatto“, 1973), Dagmar Lassander und Luigi Pistilli. Luigi Pistilli, der im selben Jahr auch in Mario Bavas „Im Blutrausch des Satans“ („Reazione a catena“, 1971) und Sergio Martinos „Der Schwanz des Skorpions“ („La Coda dello scorpione“, 1971) mitwirkte und ein Jahr später an der Seite von Gastone Moschin, Barbara Bouchet und Mario Adorf in dem Fernando di Leo – Meisterwerk des Italo-Krimis „Milano Kaliber 9“ („Milano calibro nove“, 1972) spielte, mimt den ehemaligen Inspektor Norton. Eine Charakterrolle, die ihm sichtlich liegt und die er sehr gut mit Leben füllt. Kein Wunder, schließlich darf er in „L’Iguana dalla lingua di fuoco“ auch mit der schnuckeligen Filmschönheit Dagmar Lassander, bekannt u.a. durchGenrebeiträge, wie Mario Bavas „Red Wedding Night“ („Il Rosso segno della follia“, 1970), Luiciano Ercolis „Frauen bis zum Wahnsinn gequält“ („Le Foto proibite di una signora per bene“, 1970) und später auch durch lupenreine Horror-Filme, wie den herrlich trashigen „Werewolf-Woman“ („La Lupa mannara“, 1976) oder Lucio Fulcis „Das Haus an der Friedhofsmauer“ („Quella villa accanto al cimitero“, 1981), mehr als nur Händchen halten… Besonders hervorzuheben ist Valentina Cortese („La Raggazza che sapeva troppo“, Mario Bava, 1963), die die exzentrische Botschafter-Gattin spielt, die, gelangweilt vom Reichen-Dasein, ziemlich stark dem Drogenkonsum frönt. Vollkommen zugedröhnt räkelt sie sich beim Besuch des Kommissars, der sie verhören will, auf dem Sofa, redet wirres Zeug und singt Opernarien vor sich hin, um sich nach Rückkehr ihres Gemahls erst mal ordentlich mit diesem zu fetzen. Einfach herrlich anzusehen!!! Riccardo Freda selbst gibt sich auch vor der Kamera die Ehre und mimt in einer kurzen Szene einen Mediziner. In den Credits des Films findet sein kurzes Gastspiel allerdings keine Beachtung. Die Rasiermesserklinge kreist munter, und das rote (in diesem Fall fast schon unnatürlich tomatenrote) Nass fließt reichlich. Zwar sind die Mordsequenzen, insbesondere die Säureattaken von ihrer Intention her überaus hart, aufgrund der teilweise doch etwas plumpen technischen Umsetzung erzeugen sie beim Zuschauer dann allerdings eher ein Schmunzeln statt Ekelgefühle. Besondere Erwähnung finden muss der Mord direkt zu Beginn des Films:
Tür auf (Kameraperspektive aus Sicht des Täters), Frau kreischt, „Schwapp“: Säure in die Fresse gekippt – Schnitt: ein billiger Puppenkopf versäuert blubbernd vor sich hin – Schnitt: Frau, jetzt mit billigem „Säure-Schaden“-Make-Up, kreischt – Schnitt: Das Rasiermesser kommt zum Einsatz…
Der Zuschauer wird entsetzt sein angesichts der Dreistigkeit Riccardo Fredas: Nicht nur, dass er anscheinend keine Skrupel kennt, mal eben seiner Enkeltochter die Puppe zu klauen und für seinen Film zu missbrauchen, nein, er ist sich auch nicht zu schade eine derart dilettantisch zusammengeschusterte Szene, die sicherlich zum absoluten Bodensatz der Special-Effects-„Kunst“ und Schnitttechnik (eine ähnliche Szene findet sich auch am Ende des Films) zu zählen ist, tatsächlich dem Publikum zu präsentieren… 😉
Und man mag Riccardo dafür am liebsten die Füße küssen!!! Schließlich sind es doch eben u.a. solche herrlich liebevoll trashigen Szenen, wie sie ja zuhauf in unzähligen ähnlich gelagerten, meist mediterranen Filmen jener Zeit vorkommen, die den besonderen Charme dieser Werke ausmachen!!! Doch keine Panik, wer jetzt angesichts dieser doch eher unfreiwillig komischen Einlagen einen schlechten Klamauk-Film befürchtet, dem sei gesagt, dass „L’Iguana dalla lingua di fuoco“ abgesehen von besagten filmischen Schenkelklopfern, durchaus ernste, harte und vor allem unterhaltsame Delikatesse-Kost mit wunderschöner 70er-Jahre-Atmosphäre für den verwöhnten Giallo-Fan bietet. Teilweise könnte mancher empfindliche Zuschauer eventuell auch zu dem Schluss kommen, dass Freda bei der Gewaltdarstellung es ein wenig übertrieben hat, wenn z.B. die Szene, in der sich ein vom Kommissar zu intensiv „verhörter“ Verdächtiger erschießt, und sich sein Gehirn matschig an der Wand verteilt, insgesamt dreimal während des Films wiederholt wird. Wie bei den meisten Gialli ist die dargestellte Gewalt jedoch auch hier nie selbstzweckhaft, sondern als Teil der Handlung unerlässlich. So stellt eben letztendlich auch besagte Szene eine Schlüsselszene des Films dar…
Richtig fies wird es allerdings in einer Art „Mondo-Szene“, in der ein Arzt dem Kommissar eine Platzwunde am Hinterkopf zusammennäht, während die Kamera die ganze Zeit voll drauf hält. Eine Szene, wie man sie eigentlich nur von Fußballübertragungen im Privatfernsehen kennt…;-) Üblicherweise legen typische Gialli bei der Suche nach dem Mörder dezent mehrere Köder aus, die den Zuschauer auf eine falsche Fährte lenken sollen. Nicht so „L’Iguana dalla lingua di fuoco“: Riccardo Freda legt keine Köder aus, er klatscht sie dem Zuschauer geradezu vor die Füße!! Das Merkmal des Täters, die Sonnenbrille, taucht fast schon aufdringlich häufig bei den verschiedensten Personen auf, dass man annehmen könnte, der Film sei von einem Optiker gesponsert, hinzu kommt, dass seinerzeit nun auch gerade wirklich kaum zu übersehende überdimensionale Brillen modern waren… Natürlich wird jede Szene, in der eine verdächtige Sonnenbrille, ein gefundenes Feuerzeug, ein blutiges Rasiermesser im Bild erscheint, auch noch mit wuchtig-dramatischen Klängen untermalt, damit auch wirklich noch der unaufmerksamste Zuschauer aufgerüttelt wird und sich an der Tätersuche beteiligen kann… 😉 Und noch eine Besonderheit lässt „L’Iguana dalla lingua di fuoco“ aus der Vielzahl ähnlicher Gialli herausragen. Während die meisten Vertreter dieses Genres sich sehr häufig italienischer, deutscher, teilweise auch englischer Städte als Kulissen bedienen, hat Riccardo Freda mit seinem Filmteam das schöne Irland heimgesucht. So bekommt der Zuschauer dann quasi als Bonus noch wunderschöne filmische Eindrücke, vor allem von der Hauptstadt Dublin, aber auch von den Steilklippen der Cliffs of Moher, einem der berühmtesten Naturwahrzeichen der grünen Insel. Wer da kein Fernweh bekommt, ist entweder Ire oder selber Schuld… Eine Kuriosität am Rande: Inspektor Norton erhält im Film als Hinweis einen Kleider-Bon einer Wäscherei namens „Swastika-Laundry“ (zu deutsch: „Hakenkreuz-Wäscherei“). Diese Wäscherei gab es offensichtlich wirklich! 1912 eröffnet, hat sie sogar nach dem Zweiten Weltkrieg noch bis 1989 (!!) in Dublin existiert!!! Unglaublich, aber anscheinend wahr… Leider ist dieser wunderschöne Giallo bisher nur im italienischem Originalton auf VHS erhältlich. Laut zuverlässiger Quelle ist jedoch derzeit eine deutsche Synchronisation in Arbeit, so dass wohl in Kürze nun endlich auch im die deutschsprachigen Raum die Filmfans, die der italienischen Sprache nicht mächtig sind, in den Genuss dieses Italo-Highlights kommen können. Wir freuen uns schon drauf und werden Euch auf dem Laufenden halten!! Hand drauf… Fazit: Riccardo Freda ist mit „L’Iguana dalla lingua di fuoco“ ein wunderschöner, atmosphärisch dichter Beitrag zum allseits beliebten Giallo-Film gelungen, der Italo-, Horror- und Trash-Fans gleichermaßen begeistern dürfte. Italo-Kino wie man es kennen und lieben gelernt hat!!!! Eh basta!!!
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