Informationen
OT:Halloween
ca. 116 Minuten
USA 2007
- Rob Zombie
- Malcolm McDowell
- Tyler Mane
- Daeg Faerch
- Sheri Moon Zombie
- u.a.
Story
Haddonfield, USA: Der zehnjährige Michael Myers (Daeg Faerch) wächst in völlig kaputten Verhältnissen auf. Von seinen Mitschülern wird er ständig drangsaliert und gedemütigt, zuhause sieht es derweil auch nicht besser aus. Michael’s Mutter Deborah (Sheri Moon Zombie), die die Familie mit ihrer Arbeit als Stripperin über Wasser hält, ist die Einzige, die dem Jungen Liebe zukommen lässt, während Michael von seinem permanent trinkenden Stiefvater Ronny (William Forsythe) immer wieder beschimpft und verprügelt wird. Seinen Hass auf sich und die Welt entlädt der Junge immer wieder in Gewalt an Tieren, eines Tages erschlägt er sogar einen seiner Schulpeiniger auf dem Nachhauseweg. Doch es soll noch schlimmer kommen. In der Halloweennacht greift der Zehnjährige zu einem großen Küchenmesser und ermordet seinen Stiefvater, sowie seine große Schwester Judith (Hanna Hall) und deren Freund auf brutalste Art und Weise. Einzig das Baby wird verschont. Nach diesen entsetzlichen Taten wird Michael in eine Nervenheilanstalt überwiesen und fortan von Dr. Samuel Loomis (Malcolm McDowell) betreut. Dieser setzt alles daran, zu dem Jungen durchzudringen, muss aber feststellen, dass sich Michael nach und nach immer mehr abschottet. Die einstige Identität des Kindes verschwindet immer mehr hinter selbstgebauten Masken. Trotz seiner aufopferungsvollen Bemühungen kann Dr. Loomis den langsamen Verfall des Jungen nicht verhindern. 17 Jahre lang spricht Michael kein Wort, wächst in dieser Zeit zu einem regelrechten Hünen heran. Am Vorabend von Halloween bricht er schließlich aus seiner Apathie aus, ermordet mehrere Pfleger und bahnt sich seinen Weg in die Freiheit. Sein Ziel: Haddonfield, wo seine Schwester und gleichzeitig letzte Verwandte Laurie Strode (Scout Taylor-Compton) unter neuem Namen und ihrer blutigen Vergangenheit unwissend, ein geregeltes Leben führt. Doch das soll sich ändern. Das kommende Halloween wird zu einer Nacht des Schreckens…
Kritik
Eine Legende erwacht zu neuem Leben.. und mit ihr der Unmut vieler "Halloween"-Anhänger. Ein Raunen ging durch die namenhaften Horror-Communitys, als im Jahr 2007 ein Remake zu einem der bedeutendsten Horrorfilme dieser Zeit angekündigt wurde. John Carpenter’s "Halloween" sollte neu verfilmt werden, nachdem diese Idee lange Zeit als absolutes Sakrileg gehandelt wurde. Zwar wurden in regelmäßigen Abständen miese Sequels zu dem Franchise hinzugereicht, doch an eine wirkliche Neuverfilmung traute sich lange Zeit niemand heran. Als dann allerdings kein anderer als Rob Zombie für den Regieposten ins Gespräch kam, wurden selbst die größten Skeptiker hellhörig. Wo Herr Zombie seine Finger im Spiel hat, ist in allen Fällen mit versierter und konsequenter Genre-Kost zu rechnen, das durfte der Rocker schon mit seinem schrillen "House of 1000 Corpses" und dem knallharten Nachfolger "The Devil’s Rejects" unter Beweis stellen. Ob man mit dem Stil seiner Filme sympathisieren konnte, war zwar stets eine Geschmacksfrage, allerdings durfte man mehr als gespannt sein, wie das Remake zu einem der bekanntesten Slasher aller Zeiten unter den Fittichen eines Herr Zombie letztendlich aussehen würde. Die simple Antwort: Hervorragend. Dass der Musiker und Filmemacher ein schweres Erbe zu tragen hatte, war von vorneherein abzusehen. Noch heute halten viele Horrorfilm-Fans den Original "Halloween" für einen der großartigsten Slasher überhaupt und so stand es außer Frage, dass es für Rob Zombies Remake durchaus Protest und Verärgerung hageln würde, ganz gleich, wie das Resultat letztendlich münden würde. Ein direkter Vergleich zwischen Neuverfilmung und Original ist in diesem Fall allerdings ebenso unangebracht, wie deplaziert. Rob Zombie sah davon ab, Carpenter’s Klassiker schlicht 1:1 nachzudrehen, sondern fügte neben seinem ganz eigenen Stil auch storytechnisch eine Vielzahl neuer Elemente hinzu, die im Besonderen dafür verantwortlich sind, dass Zombie’s "Halloween" nicht nur als Remake funktioniert, sondern auch im Vergleich mit dem Original leicht vorne liegt. Nicht selten wird es als Sünde geahndet, abfällig über einen Klassiker des Genres zu sprechen, doch ehrlich betrachtet wirkt der Ur-"Halloween" aus heutiger Sicht durchaus leicht antiquiert. Der Film hat seine starken Momente, wirkt im groben Ganzen aber eher langatmig, als durchgehend spannend. Im Fokus des Geschehens stand Jamie Lee Curtis als Laurie Strode, Michael war lediglich der böse und unbekannte Boogeyman. Nun, könnte man behaupten, mache gerade das die größte Suspense des Films aus. Die Unbezwingbarkeit des Unbekannten, die schonungslose und scheinbar grundlose Brutalität eines vermeintlich Fremden. Doch Rob Zombie zeigt in seinem Remake, wie man die Thematik auch anders angehen kann. Hier ist es nicht der bedrohte Teenager, der im Zentrum steht, sondern der Killer selbst. "Halloween" beleuchtet die Vorgeschichte des vermummten Killers und gibt erstmals Einblick in dessen früheres Leben. Michael wächst in schrecklichen Verhältnissen auf, wird vom Opfer seiner Umwelt zum Täter. Nun könnte man Rob Zombie sicherlich Schwarzweiß-Malerei und grobschlächtige Klischeebeladenheit vorwerfen: Die strippende Mutter, der saufende und prügelnde Stiefvater und die egoistische Schwester. Dies mag nicht sonderlich vor Einfallsreichtum strotzen, wird von Rob Zombie durch die Inszenierung allerdings mehr als nur wieder wett gemacht. Unheimlich beklemmend und intensiv zeichnet der Regisseur ein Portrait einer Familie vor dem Abgrund, dem sozialen Bodensatz der Gesellschaft. Wir lernen Michael Myers, den späteren psychopathischen Massenmörder, als Kind kennen und empfinden Mitleid mit ihm. "Halloween" konzentriert sich sehr stark auf die Kindheit dieses Charakters und schildert die Ereignisse, die zu jenen schicksalhaften Morden in der Halloweennacht führten ebenso, wie Michael’s anschließendes Leben im Sanatorium. Und gerade diese Momente, die im Original nicht vorhanden waren, machen den großen Reiz von Zombies Remake aus. Die zweite Hälfte des Films ist im Kern ein althergebrachter, düsterer und blutiger Slasher, doch die erste Hälfte zeigt dagegen Michael’s konstante Entmenschlichung. Immer mehr verliert er die Züge eines menschlichen Wesens und wird langsam zum gewissenlosen Monster. Dieser Prozess wird hier ebenso beklemmend wie hochinteressant eingefangen. Vor den weiten und sterilen Kulissen der Anstalt entsteht alsbald eine sehr dichte, intensive Atmosphäre. Alles, was nach der Flucht folgt, ist rein prinzipiell ein modernisierte Version dessen, was uns bereits Carpenter vor beinahe 30 Jahren vorsetzte. Und dennoch funktioniert "Halloween" erneut. Rob Zombie ist ein sehr talentierter Regisseur, der es wunderbar versteht, ein Gefühl von Terror und Schrecken in seinem Publikum zu erwecken. Michael Myers ist hier wesentlich größer als in den indirekten Vorgängern, ein Hüne von einem Mann, der der Figur endlich die nötige Bedrohlichkeit verleiht. Natürlich hat auch der Blutgehalt gegenüber dem Original zugenommen, auch wenn das erwartete Gorefest ausbleibt. Die Gewalt in "Halloween" ist roh, brutal und realistisch, zielt nicht auf den Effekt an sich ab, sondern soll die kalte Brutalität übertragen. Ohne jegliche Emotion ertränkt Michael seinen jahrelang besten Freund, um ihm anschließend im off den Schädel zu zertrümmern – was im Kontext des Films sicherlich wesentlich intensiver wirkt als eine lang ausgeschlachtete Splatterszene. Unrated-Cut und Kinofassung sind sich in Sachen Blutgehalt indessen beinahe ebenbürtig, der größte Unterschied besteht aus einer abgeänderten Flucht aus dem Sanatorium. Während Michael in der Kinoversion mehrere Wächter tötet, gelingt ihm die Flucht im Director’s Cut durch zwei naive Aufseher, die in seiner Zelle eine junge Frau vergewaltigen. Auch wenn es abzusehen war, dass es der Film bei den "Halloween"-Fans der ersten Stunde schwer haben wird, ist dies im Grunde durchaus bedauerlich. Was Rob Zombie hiermit schuf ist eine sehr viel düstere, rohere und stimmigere Version des Stoffes, die zudem noch mit hochinteressanten Elementen aus Michael’s Kindheit angereichert wurde. Inszenatorisch setzt Zombie noch einmal einen auf seine Arbeit an "The Devil’s Rejects" drauf und serviert einen atmosphärisch rundum perfekten Horrorfilm, der die Spannung zwar nicht konstant hält, besonders in der ersten Hälfte und zum Finale in dieser Hinsicht aber voll auftrumpfen kann. Und natürlich wäre dies kein echter Rob Zombie, wenn der Regisseur nicht wieder mit zahlreichen Genre-Anspielungen hantieren würde. So zollt er Klassikern wie "Night of the Living Dead", White Zombie" und "The Thing from Another World" Tribut und garniert "Halloween" neben dem weltbekannten, klassischen Soundtrack noch mit großartigen Songs von Kiss, Alice Cooper, Iggy Pop, Sabbath und mehr. Eine der bedeutendsten Stärken des Films ist sein Cast. Wie immer, ist hier natürlich auf Rob Zombie Verlass. Seine Besetzungliste liest sich beinahe wie ein who is who der 70er und 80er Jahre Genre-Prominenz. Neben Zombies Stamm-Cast, Bill Moseley, Sig Haig und natürlich seiner Frau Sheri Moon Zombie, gesellen sich hier nich viele weitere, namenhafte Akteure hinzu. William Forsythe, Danny Trejo, Ken Foree, Udo Kier, Brad Dourif, Malcolm McDowell, Richard Lynch, Danielle Harris und noch viele, viele weitere Schauspieler zaubern ein Lächeln auf das Gesicht so mancher Filmliebhaber. Es ist immer wieder toll, zu sehen, welche Ikonen und vergessenen Stars Zombie wieder einmal ausgegraben hat. Erwähnenswert natürlich, dass sie ihre Rollen ausnahmslos treffend verkörpern. Alleine schon Malcolm McDowell war ein purer Glücksgriff für die Rolle des Dr. Loomis. Lange Zeit galt Donald Pleasence in dieser Hinsicht als unersetzbar, doch McDowell schafft es, das Gegenteil zu beweisen. Sein Loomis ist kein versessener Verrückter, sondern beinahe schon eine Vaterfigur, deren Verhältnis zu Michael einen wichtigen Stellenwert im Film einnimmt. Dieser wiederum wird als Kind verkörpert von Daeg Faerch. Es war von unbedingter Wichtigkeit für den Film, den Part des jungen Michael an den richtigen Nachwuchsschauspieler zu vergeben, der sowohl die psychopatische Seite, als auch die des verletzlichen Kindes zeigen kann. Faerch vollbringt dies meisterhaft. Der Junge ist die absolute Idealbesetzung für die Rolle. Letztendlich fällt es schwer, auch nur einen Ausfall im Cast zu benennen. Der Film lebt von seinen Figuren, verfolgt sie bei ihrer Entwicklung. Lediglich Laurie Strode bleibt in dieser Hinsicht auf der Strecke. Anders als im Original konzentriert sich der Film nicht hauptsächlich auf sie. Sie ist das junge Opfer des brutalen Killers, mehr nicht. Dennoch hat sich die Figur im Vergleich zu Carpenters Version stark verändert. Verkörperte Jamie Lee Curtis Laurie noch als unscheinbares Mauerblümchen, das mit ihrer Nase stets in Büchern steckte, spielt Scout Taylor-Compton eine moderne Jugendliche, die das, was sie denkt, auch unverblümt ausspricht. Dies passt sich dem Realismus des Gesamtwerkes an. "Halloween" wirkt zu beinahe 100% glaubhaft und entfaltet gerade dadurch seine einzigartige Stimmung. Das Gezeigte wird nicht in die Lächerlichkeit gezogen, wie dies bei der x-ten Fortsetzung der Fall war, sondern liefert bodenständigen und glaubhaft-rohen Terror, was endlich wieder frischen Wind ins Franchise bringt.
Letztendlich bleibt zu sagen, dass Rob Zombie mit seinem "Halloween" Remake einen Film schuf, der lange nicht so schlecht ist, wie es diverse Kritiken vieler Anhänger des Originals gerne mal suggerieren. Zombie modernisierte den Mythos stark und verlagerte ihn in einen knallharten und bösen Terror-Film, der gerade hinsichtlich der intensiv erzählten Vorgeschichte seinesgleichen sucht. Verziert mit der richtigen Prise der typischen Rob Zombie Gangart wird hier ein dreckiger, roher und realitätsnaher Slasher erzählt, der der Geschichte genügend neue Ansätze verleihen kann, um den Vorwürfen des einfallslosen Aufgusses schnell den Wind aus den Segeln zu nehmen. Perfekt besetzt, stimmig inszeniert und der heutigen Zeit angepasst ist das "Halloween" Remake jedenfalls ein Film, der sich innerhalb der derzeitigen Horrorwelle weit vorne niederlässt.
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