Informationen
OT:Sei Mong Seh Jung
ca. 94 Minuten
Hongkong, Thailand 2004
- Oxide Pang Chun
- Race Wong
- Rosanne Wong
- Anson Leung
- Michelle Mee
- u.a.
Story
Jiney (Race Wong) und Jasmin (Rosanne Wong) sind die besten Freundinnen und studieren beide an einer Kunsthochschule. Jin’s Fotografien und Zeichnungen stellen dabei all die Werke ihrer Mitstudenten in den Schatten und stehen auch bei zahlreichen Kunstausstellungen stets im Mittelpunkt. Jin selbst kann den Rummel um sich allerdings nicht nachvollziehen, im Gegensatz zu den anderen ist sie mit ihren Werken in keinster Weise zufrieden. Eines Tages passiert allerdings etwas, das diese Einstellung schlagartig ändern soll. Als Jin nämlich zufällig auf der Straße Zeugin eines Verkehrsunfalls wird und eine sterbende Frau mit ihrer Kamera festhält, ist sie derart fasziniert vom Tod, dass sie sich fortan nur noch damit auseinandersetzt. Ihre Motive und Zeichnungen werden zusehends blutiger und düsterer, sie scheint sich immer mehr in dieser neuen Welt zu verlieren. Jas machen die seltsamen Veränderungen ihrer Freundin natürlich sehr zu schaffen, doch sie weiß nicht, wie sie noch zu Jin durchdringen kann. Auch zu Anson (Anson Leung) einem Bekannten aus der Kunsthochschule, der schon seit lange ein Auge auf Jin geworfen hat, ist sie abweisend. Ihre Faszination für den Tod macht ihr allerdings auch selbst schwer zu schaffen, Jin glaubt, bald den Verstand zu verlieren und bittet Jas unter Tränen um Hilfe. Gemeinsam verbrennen sie Jin’s makabere Fotografien und Zeichnungen. Es scheint fast so, als würde wieder Harmonie in das innere des hübschen Mädchens einkehren, da meldet sich ein kranker Psychopath bei Jin, der ihr ein reales Snuff-Video zukommen lässt, auf dem er ein wehrloses Mädchen brutal totschlägt. Der Irre sieht in Jin so etwas wie eine Gleichgesinnte und lässt ihr immer mehr perverse Fotos und Videos zukommen…
Kritik
Für gewöhnlich bin ich einer von den Horrorfilmfans, denen ein blutiger US-Horrorfilm wesentlich lieber ist als ein subtiler Gruselschocker aus den östlicheren Gefilden. Bis auf die Werke von Takashi Miike, das Meisterwerk "Battle Royale" und einige Undergroundproduktionen konnte mich bislang noch kein Streifen dieser Art richtig in seinen Bann ziehen. Dank "Ab-Normal Beauty" kann ich dieser kleinen Liste nun aber noch einen mehr als genialen Thriller hinzufügen, der mich wirklich nachhaltig begeistert hat. Verantwortlich hierfür waren die "Pang Brothers", wie sie sich selbst nennen, Oxide Pang Chun und Danny Pang, die auch schon den überaus erfolgreichen Horrorfilm "The Eye", sowie dessen Nachfolger inszenierten. Mit "Ab-Normal Beauty" allerdings versuchten sich die Beiden an etwas neuem, denn so richtig lässt sich dieser Streifen nicht in die Welle ostasiatischer Horrorschocker einfügen, was wir hier haben ist etwas anderes. "Ab-Normal Beauty" lässt sich in seinem Aufbau in zwei Teile gliedern. Da hätten wir die erste Hälfte, in der wir die beiden Hauptcharaktere Jin und Jas kennen lernen, die beide Kunst studieren. Durch einen tragischen Unfall, von dem Jin zufällig Zeuge wird, ist die junge Frau fortan vom Tod fasziniert, was sie beinahe zu Grunde gehen lässt. Nachdem dies überwunden ist, meint man schon, der Film könnte ein Happy End nehmen, doch so einfach machen es uns die Pang Brothers dann doch nicht. Die zweite Hälfte macht nämlich eine plötzliche Kehrtwendung und präsentiert sich als knallharter Horrorthriller voller Spannung und grausamer Brutalität, die in ihren Grundtönen stark an Eli Roth’s "Hostel" erinnert. Obwohl diese Unterteilung in quasi zwei verschiedene Filme sicherlich verwirrend klingen mag, so macht es durchaus Sinn, wenn man sich "Ab-Normal Beauty" ansieht. So wird man nämlich schnell bemerken, dass dies kein typischer Film aus der Sparte Thriller ist, im Gegenteil. Der Streifen wartet mit einem unglaublich schönen, künstlerischen Unterton auf, der mich absolut begeistern konnte. Die Pang Brothers beweisen dabei in der ersten Hälfte ein bemerkenswertes Gespür für harmonische Bildästhetik. So sehen wir Jin und Jas unter anderem dabei, wie sie unter prachtvollen, wunderschön grünen Bäumen stehen und diese mit ihrer Kamera festhalten und viele solcher Szenen mehr. In diesen Momenten strahlt "Ab-Normal Beauty" eine unglaubliche Ruhe und Sanftmut aus, der wir noch des öfteren im Film begnen werden. Trotz seiner Spannung und seiner bedrückenden Atmosphäre vergessen die Pang’s nie das künstlerisch schöne in jedem einzelnen Augenblick festzuhalten, was mich sehr begeistert hat. Ausschlaggebend, dies verwirklichen zu können, war ein Budget, dass das von "The Eye" deutlich übersteigen durfte. Die finanziellen Mittel flossen deutlich merkbar in Kamera und Schnitttechnik, so dass wir des öfteren mit komplexen Bilderfluten und eindrücklichen Ansichten belohnt werden. "Ab-Normal Beauty" wird in seinen verstörenden Szenen von einem unterkühlten, dunklen Look dominiert, der sich dem Geschehen stets anpasst und es perfekt untermalt. Auch die Musik weiß hier absolut zu überzeugen und kommt sowohl mit spannungsgeladener, dramatischer Musik, als auch mit klassischen Momenten daher. Obwohl ich "Ab-Normal Beauty" nicht als Kunstfilm bezeichnen würde, hat er einen nicht unwesentlichen, künstlerischen Anspruch, was sich sehr positiv auf den ganzen Film auswirkt. So erleben wir die Veränderung Jin’s und ihre neue Vorliebe für den Tod in deprimierenden Bildern mit, die man so schnell nicht wieder los wird. Wie besessen fotografiert Jin die Schlachtung zahlreicher Hühner bei einem Metzger, macht Aufnahmen verwesender Tiere, die sie auf der Straße findet und fertigt blutgetränkte Zeichnungen an. Obwohl dies großteils ohne vermerkbare Höhepunkte auskommt, gelingt den Machern hier ein Spannungsaufbau, der seinesgleichen sucht. Man ist regelrecht gefesselt von den düsteren Bilderfluten, die in ihrer komplexen Aufmachung auf einen niederprasseln und einen regelrecht erstaunen lassen. Sehr beeindruckt hat mich auch die Szene, in der Jin mit dem Gedanken spielt, sich von einem Balkon im 10. Stock zu stürzen. Hier wird die Dramatik des Augenblicks so sehr mit wirren Kamerafahrten, unheilvoller Musik und Rückblenden auf Jin’s traurige Vergangenheit vermischt, dass mir im Sekundentakt eine Gänsehaut nach der anderen kam. Der Kernpunkt des Geschehens scheint ein lange Zeit unterdrücktes Kindheitserlebnis von Jin zu sein. Im Alter von höchstens sieben Jahren wurde sie von ihrem Cousin und seinen Freunden gegen ihren Willen ausgezogen und am ganzen Körper angefasst, was sie nie so ganz verarbeiten konnte. Ihre Mutter hat ihren Anschuldigungen gegen ihren Cousin damals keinen Glauben geschenkt und sie zur Strafe geschlagen, daraus resultiert eine tiefe Abneigung gegen alle Männer. Obwohl Anson aus dem Kunstunterricht sie liebt und des öfteren mit seiner Kamera filmt, kann sich Jin aufgrund der nicht verarbeiteten Ereignisse nicht auf ihn einlassen und stürzt sich nur noch mehr in die Welt des Todes, die sich ihr erschlossen hat. Nachdem diese Hürde genommen ist und Jin geheilt scheint, macht sich beim Zuschauer schon wieder ein Gefühl der Zufriedenheit breit. Das Schlimmste ist überstanden, so scheint es. Dem ist allerdings nicht so, denn ein Psychopath schickt ihr von nun an Videos und Bilder, auf denen zu sehen ist, wie er gefesselte und um ihr Leben schreiende Frauen zuerst verprügelt, um sie dann mit einem Stahlrohr totzuschlagen. Hier haben wir es mit jemandem zu tun, der in Jin so etwas wie eine geistig Verwandte sieht und mit seinen Taten bei ihr Anerkennung sucht. Als er diese aber nicht bekommt, entführt er Jin und bezieht sie in sein sadistisches Spiel mit ein.
Obwohl ich mir gut vorstellen kann, dass vielen dieses doch recht harte Ende nicht schmecken dürfte, weil es nur sehr wenig mit dem vorangegangenen zu tun hat, haben mich die Bilder doch sehr fasziniert. Der Folterkeller des Irren ist voller Ketten und Stahlhaken und wurde mit einem deutlich grünen Unterton in Szene gesetzt, der das Bild gespenstisch hilflos und bedrohlich aussehen lässt. Die Brutalität hält sich quantitativ zwar in Grenzen, ist aber dennoch nicht gerade schön anzusehen und lässt beim Zuschauer ein starkes Gefühl des Unwohlseins aufkommen. Mich persönlich haben diese Szenen, die in ihren Inhalten viele Anleihen an der Sado/Maso Szene finden, durchaus gefesselt, deshalb denke ich nicht, dass es falsch war, den Film derart abrupt in eine andere Richtung laufen zu lassen. Die Hauptdarstellerinnen, Race Wong und ihre Schwester Rosanne Wong sind in Hongkong bestens durch ihre gemeinsam gegründete Band 2R bekannt, in der die beiden als Sängerinnen aktiv sind. Doch auch als Schauspielerinnen waren sie schon des öfteren zu sehen. Sollten Race und Rosanne in jedem ihrer Filme so gut spielen wie in "Ab-Normal Beauty", dann steht einer erfolgreichen Schauspielerkarriere meines Erachtens nach nichts mehr im Weg. Race Wong als Jin, die langsam den Bezug zur Realität verliert und durchzudrehen glaubt und Rosanne Wong als ihre beste Freundin Jas, die ihre zu helfen versucht sind nicht nur eine Augenweide, sondern auch äußerst begnadet, so dass man zu jedem Zeitpunkt mit ihnen mitfiebert.
"Ab-Normal Beauty" ist kein typischer, ostasiatischer Horrorfilm, in dem es um Geister und deren Rache aus dem Jenseits geht, sondern ein sich mehr an die Realität haltender Psychothriller, der in seiner visuell wunderschönen Aufmachung seinesgleichen sucht. Intensiv geschnittene, schnelle Szenen wechseln sich hier regelrecht mit Bilderfluten, die eine warme Ruhe ausstrahlen, nur um einen letztendlich in einen Alptraum aus Wahnsinn, Verzweiflung und Tod zu werfen. "Ab-Normal Beauty" ist dabei ein kontrastreicher Film, der zuerst noch sanft mit den Nerven des Zuschauers spielt, um diese dann mehr und mehr auf die Probe zu stellen. Dies alles unterlegt mit einer unglaublichen visuellen Kraft, talentierten, schönen Darstellerinnen, stets passender Musik und einer extrem dichten Atmosphäre machen einen Film, den man sich keinesfalls entgehen lassen darf.
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